Qualitative Interviews zur Lebenssituation von Menschen, die in Mecklenburg-Vorpommern von Armut betroffen oder bedroht sind. In ausführlichen, zum Teil mehrere Stunden dauernden Gesprächen haben 60 Menschen über ihr Leben, ihren Alltag, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Behinderung, Flucht etc. gesprochen. Sie schildern ihre begrenzten Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten und alltägliche Erfahrungen von Benachteiligung und Ausgrenzung auszuhalten.
Vgl. dazu Gesichter der Armut in der Stadt und im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommerns – Ergebnisse eines qualitativen Forschungsprojekts.
Hier folgt die KURZFASSUNG von Dr. Andreas Klärner – seit SoSe 2014 als Vertretungsprofessor am Fachbereich Sozialökonomie tätig. Er vertritt die Professur für Soziologie, insb. private Lebensführung und qualitative Methoden der Sozialforschung. Unsere Studierenden schätzen ihn sehr!
Auf dem SozBlog der DGS (Deutsche Gesellschaft für Soziologie) bietet er Thesen an zur Pilotstudie über Armut in der Stadt Rostock und im Land der Mecklenburgische Seenplatte. Wer die Region und zB auch die von Nord- und Ostfriesland kennt, weiß um die hiesigen Besonderheiten sowie darum, dass man ihre schmalen Küstenregionen und Städte vergleichen kann, nicht aber das Landesinnere, das nach 2-5 km landeinwärts beginnt. Dort wuchert in Meck-Pomm die sog. NaturNatur wieder oder immer noch. Aber hier ist die Besiedlungs- und Agrarstruktur, die Rolle von Staat und Politik seit Jahrhunderten eine andere als im westlichen Norddeutschland: Sie prägte Kulturen und Lebensweisen, Mentalitäten und Identitäten nachhaltig und so, dass das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatbereich stärker auseinanderklafft und explizit als getrennt begriffen wird …
Ich erinnere Debatten (in der UNI-Rostock!) nach der Wende, die zugunsten eines großräumigen Landschaftsschutzes für einen geordneten Rückzug der ländlichen Bevölkerung in ihre städtischen Zentren plädierten. Damals warf der massenhafte Auszug von jungen Frauen große Fragen zur künftigen Demografieentwicklung und sozialen Bindungskraft auf: Potentielle Mütter und Ehefrauen wanderten westwärts, Eltern und Alte blieben zurück, junge Männer fanden kaum Partnerinnen. Das Pendeln zwischen Arbeits- und Wohnort bestimmte das Dasein derer, die vorerst blieben, nach und nach aber in die Nähe ihres Arbeitsplatzes ziehen und mit ihrer Familie nach Berlin, Hamburg etc. umsiedeln wollten.
Was ist nach 25 Jahren daraus geworden? Ein Ausbluten und Dahinvegetieren der Dörfer und „Ausbau“-Siedlungen? Ein „wilder“, ungeordneter Rückzug? Eine Umnutzung für Datschen von Berlinern und Hamburgern? Oder ein Wiederaufleben dörflicher Strukturen, die von nachwachsenden Generationen neu gestaltet werden?
Andreas Klärner fokussiert Lösungen: Soziale und institutionelle Netzwerke sowie Gelegenheitsstrukturen für eigenes und aktives ehren- bzw. bürgerschaftliches Engagement helfen, sich mit den Folgen von Armut und Langzeitarbeitslosigkeit zu arrangieren: Tröstliche Strategien, um Restbestände zu verwalten? Oder Übergänge in neue Formen des Überlebens jenseits des Ghettodaseins?
Sorry, the comment form is closed at this time.